Hochparterre: Lob für Buchgestaltung

Es gibt äußerst kritische Magazine, von den selbst der leise Hauch eines Lobs als Erfolg verbucht werden kann.

„ein keckes Büchlein“

Der ganze Artikel: (quelle: http://www.hochparterre.ch)

EIN WAHRZEICHEN FÜR DIE ZWINGLISTADT

Text: Andres Herzog / 28.11.2012 15:07

Die Maag Halle in Zürich feiert dieses Jahr einen runden Geburtstag. Seit zehn Jahren bringen diebeiden Organisatoren Darko Soolfrank und Guido Schilling im Haus Kultur auf die Bühne. In der Zeitspanne konnten sie beobachten, wie der Prime Tower daneben in die Höhe wuchs. Das Hochhaus ist ein Symbol für das neu gebaute Zürich-West. Wie lange in seinem Schatten noch Platz bleibt für kreative Nischen, ist ungewiss. Der Vertrag der Maag Halle läuft derzeit bis 2015. Soolfrank und Schilling schrecken trotzdem nicht zurück vor Leuchtturmprojekten. Sie finden gar, dass Zürich ein aussagekräftiges Wahrzeichen fehlt. Zum Jubiläum geben die beiden darum ein keckes Büchlein heraus, in dem kreative Köpfe aus der Limmatstadt 66 Ideen für einen «Eiffelturm für Zürich» skizzieren. Darunter finden sich Autoren, Filmregisseurinnen oder Komiker. Designerinnen sind nur deren vier vertreten, Architekten sogar nur drei.
Die meisten Visionen, die der Zwinglistadt die Angst vor dem Monumentalen nehmen wollen,kommen denn auch von anderer Seite. Der Gastronom Marc Blickensdorfer will ein riesiges Minarett auf den Sechseläutenplatz stellen, als Zeichen «unsere unsäglichen Toleranz und Weltoffenheit». Der Schriftsteller Michel Bozikovic plant ein gläsernes Ufo, das über dem Zürichsee schwebt. Und Johannes Gees schreibt einen Architekturwettbewerb für das Grossmünster aus. «Seit über 150 Jahren wurde nur noch renoviert und rückgebaut, nachdem zuvor Jahrhunderte lang neu- und ausgebaut wurde», schreibt der Künstler. Der poetischste Vorschlag kommt vom Architekten Christoph Kellenberger. Auf dem Zürichsee will er eine «Leerstelle» schaffen, ein Krater, in den das Wasser in die Tiefe rauscht. Unten steht man 25 Meter unter der Wasseroberfläche und nimmt nichts von Zürich wahr, nur Himmel und Nass. Doch was in Zürich gebaut werden will, muss nüchtern sein. Das wissen wir nicht erst seit dem Ja zum Kunsthaus. Die meisten schlagen darum kein visionäres Bauwerk, sondern eine subtilere Aktion oder Installation vor. Einige der Vorschläge sind allerdings Schnapsideen, die nicht unbedingt für die Kreativität der Zürcher Kulturschaffenden stehen. Manche präsentieren skurrile Utopien, um die
Zürcher zum Lachen zu bringen und ja nicht vor den Kopf zu stossen. Mit einer Wolkenkanone will etwa der Autor Domenico Blass das schlechte Wetter vom Himmel schiesst. Anderen ist es ernst. Der Journalist Finn Canonica beerdigt auf dem Paradeplatz einen unbekannten Banker. Das Grab soll für die «Heroen der Zürcher Geldwirtschaft stehen, welche mit ihrem unermüdlichen Einsatz für das Bankgeheimnis und die Steuerhinterziehung zum weltweit positiven Image Zürichs beitragen».
Zürich soll einen Eiffelturm, eine Tower Bridge, eine Freiheitsstatue erhalten? Ein richtiger Zürcher denkt nicht einmal im Traum an solch pompöse Wahrzeichen. Ihm wurde eingebläut: Wer sich so baulich verewigt, ist ein Angeber. Also schreiben einige in zwinglianischer Pflichtbewusstheit gegen die Idee an. Bei Charles Lewinsky tönt das dann so: «Um kulturell attraktiv zu sein, braucht Zürich keine neuen Wahrzeichen, sondern weniger modischen Rummel. Mehr Zürich und weniger von Agenturen aufgeklebte Weltläufigkeit.» Daniel und Markus Freitag fragen sich via SMS, ob ihr Containerturm als Wahrzeichen herhalten könnte. Und der Künstler Balz Baechi resümiert: «Fazit meiner Vision: Es werde nichts daraus.»
«Ein Eiffelturm für Zürich» ist in der Buchhandlung im Volkshaus für CHF 15.– erhältlich.

(http://www.volkshausbuch.ch/)