VERONIKA – IM SCHWEISSE SEINES ANGESICHTS

Jedes Jahr am 4. Februar hat nach der katholischen Tradition die heilige Veronika als Schutzheilige der Fotografie ihren Namenstag. Ursprünglich bedeutet Veronika: die Siegbringen­de. Im Laufe der Zeit veränderte sich die Deutung des Wortes, in dem die Begriffe „Vero“ (Latein: wahr) und „Eikon“ (altgriechisch für Bild) stecken. Als einst ein Schutzpatron für die Fotografie gesucht wurde, lag die heilige Veronika mit der Suggestion des „wahren Abbildes“ nahe.

Veronika, eine Legende

Wenn am Karfreitag in katholischen Prozessionen der Leidens­weg Christi begangen wird, dann gilt die sechste Station der Geschichte vom Schweisstuch der heiligen Veronika. Als Jesus unter der Last des Kreuzes zusammenbrach, soll Veronika ihm mit einem Tuch das Gesicht gereinigt haben. Auf wundersame Weise soll darauf anschließend das Gesicht und die Wunden der Dornenkrone erschienen sein. Dieses Tuch ist eines von fünf Tüchern, welche ein Abbild des Erlösers zeigen sollen.
In der Bibel wird man diese Geschichte jedoch vergeblich suchen. Seit dem 6. Jahr­hundert wird Veronika in den Überlieferungen der koptischen Kirche namentlich genannt. Sie soll mit diesem Schweißtuch mit dem Abbild Christi den römischen Kaiser Tiberius vom Aussatz geheilt haben. Die eigentliche Legende um das Abbild auf dem Tuch der Veronika und dem Kreuzweg kommt erst im 12. Jahrhundert in unseren Kulturkreis. Ein ihr zugeschriebenes Tuch im Petersdom aufbewahrt. Die Reliquie wird jedes Jahr Mitte Januar den Gläubigen gezeigt. Es ist naheliegend, dass Berufsgruppen, die auf wundersame Weise Abbilder schaffen, dieser Patronin zugeordnet werden. Veronika ist auch die Patronin der Leinenweber, Waschweiber und Geldwäscher, letztere waren lange ein ehrenwerter Beruf. Es gibt es in Samarkand den Geldwäscher-Soukh (Basar) wo Spezialisten die auf Stoff gedruckten Geldscheine so reinigten, dass der Wert erhalten blieb.

Ist ein Abbild durch Schweiss möglich?

Noch heute beschäftigt der Gedanke an das Schweißtuch Fotografen. Kann Schweiß wirklich ein Abbild hervorrufen? Der Wiener Reiner Riedler hat sich diese Frage gestellt, als er nassgeschwitzt von einer Jogging-Runde zurückkam. In der Forensik gibt es Chemikalien, mit denen man Körpersäfte nachweisen kann. Riedler kontaktierte das Fraunhofer Institut in München.
Die Wissenschaftler dort konnten ihm Textilien mit sensorischen Farbstoffen einfärben, die er in einer Kunstaktion anwendete. Mit den dabei entstandenen Bildern hat er sein Projekt „Sweat“ geschaffen. Doch nicht nur Schweiß kann Ab­bilder produzieren, auch mit Blut anstelle einer Fotoemulsion lassen sich Bilder belichten. Eine Entstehungsthese zum Turiner Grabtuch besagt, dass es sich hier um eine fotochemische Übertragung durch gerbende Salbungsöle handelt. 

©2024 Peter Michels für fotoMAGAZIN 2/2020, erweitert und ergänzt 2024